Geschichte der Burschenschaft und Studentengeschichte

GfbG e.V.

Gesellschaft für burschenschaftliche Geschichtsforschung e.V.

Archiv und Bücherei der Deutschen Burschenschaften

Die Entstehung von Archiv und Bücherei geht auf private Sammlertätigkeit zurück. Im wesentlichen waren es der Begründer der „Burschenschaftlichen Blätter“, Dr. Gustav Heinrich Schneider (Burschenschaft Germania Jena 1880), der Marburger Geheime Justizrat Georg Heer (Burschenschaft Arminia Marburg 1877), der Schriftsteller und Reichstagsabgeordnete Dr. Hugo Böttger (Jenaische Burschenschaft Arminia auf dem Burgkeller 1884), während des Ersten Weltkrieges Gründer und Organisator des sich der Kriegsbeschädigtenfürsorge widmenden Akademischen Hilfsbundes, und der Direktor der Universitätsbibliothek Gießen, Prof. Dr. Herman Haupt (Burschenschaft Arminia Würzburg 1871, Frankonia Gießen 1908, Germania Gießen 1920 und Saxonia Hannoversch-Münden 1923), der Altmeister der burschenschaftlichen Geschichtsforschung, die bereits als Studenten den Grundstock ihrer Sammlungen legten. Schneider begann 1887 eine allgemeine Sammlung burschenschaftlichen, allgemeinstudentischen und hochschulkundlichen Inhalts, die von Böttger fortgesetzt und seit 1908 von Haupt betreut wurde, der in der Gießener Universitätsbibliothek über die entsprechenden Räumlichkeiten verfügte.

Haupt institutionalisierte auch die burschenschaftliche Geschichtsforschung. Er, die bekannten Historiker Heinrich von Srbik (Burschenschaft Gothia Wien 1899), Wilhelm Oncken (Burschenschaft Frankonia Heidelberg 1856), Ferdinand Bilger (Burschenschaft Silesia Wien 1894) und Friedrich Meinecke (Burschenschaft Saravia Berlin 1882), der Freiburger Pathologe Ludwig Aschoff (Burschenschaft Alemannia Bonn 1885) sowie einige andere, historisch interessierte Burschenschafter gründeten nach ersten Gesprächen im Sommer 1908 am 13. April 1909 in Frankfurt a. M. die „Burschenschaftliche Historische Kommission“, deren Gründung schon Heinrich von Treitschke - Alter Herr der Bonner Burschenschaft Frankonia, der auch Friedrich Nietzsche angehörte -, Friedrich Paulsen (Burschenschaft der Bubenreuther Erlangen), Theobald Ziegler (Burschenschaft Alemannia Wien, später auch Roigel Tübingen und Alemannia Straßburg) und Theodor Mommsen (Burschenschaft Albertina Kiel) in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts gefordert hatten. Die nach dem Muster der historischen Landeskommissionen errichtete burschenschaftliche Kommission wurde getragen von den Universitätsburschenschaften in der Deutschen Burschenschaft (DB), den Burschenschaften an Technischen Hochschulen im Rüdesheimer Verband (RVDB) und von den österreichischen Burschenschaften, der Burschenschaft der Ostmark (BdO).

Die drei Verbände errichteten bereits 1898 einen gemeinsamen Ausschuß zur Vorbereitung einer Gesamtdarstellung burschenschaftlicher Geschichte, der aber keine größere Wirksamkeit entfaltete. Die Historische Kommission - seit 1927 Gesellschaft für burschenschaftliche Geschichtsforschung (GfbG), seit 1933 eingetragener Verein - gab 1910/11-1942 die „Quellen und Darstellungen zur Geschichte der Burschenschaft und der deutschen Einheitsbewegung“ heraus, dazu Beihefte, Sonderausgaben und Burschenschafterlisten.

Besondere Wirksamkeit entfaltete der 9. Band der „Quellen und Darstellungen“, das Buch des Kölner Historikers Prof. Dr. Paul Wentzcke (Burschenschaft Alemannia Straßburg-Hamburg 1899, später auch Burschenschaft Marchia Köln und Germania Würzburg) über „Die deutschen Farben, ihre Entwicklung und Deutung sowie ihre Stellung in der deutschen Geschichte“ (Heidelberg 1927, 2. Aufl. 1955).

Es wurde das Standardwerk im „Flaggenstreit“ der Weimarer Republik und beeinflußte noch den Beschluß des Parlamentarischen Rates über die schwarz-rot-goldenen Bundesfarben im Jahre 1949.

Dankesschreiben von Reichspräsident Hindenburg an Wentzcke

Nach dem Zweiten Weltkrieg 1949/50 wiedergegründet, erschien 1957 der erste Band der neuen Reihe „Darstellungen und Quellen zur Geschichte der deutschen Einheitsbewegung im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert“. Das größte gegenwärtige Projekt ist das „Biographische Lexikon der Deutschen Burschenschaft“, von dem bereits acht Bände vorliegen (siehe Veröffentlichungen).

Heute kann jeder Interessierte Mitglied der Gesellschaft für burschenschaftliche Geschichtsforschung werden; der Jahresbeitrag beträgt 35,00 EUR bzw. 15,00 EUR für Studenten. An dieser Stelle finden Sie die das Kontaktformular fü eine Mitgliedschaft.

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Entwicklung ab 1927

Harry Gerber
Harry Gerber

1927 übergab Herman Haupt seine mit großer Sorgfalt aufgebauten Sammlungen zur burschenschaftlichen, allgemeinstudentischen und hochschulgeschichtlichen Forschung dem Stadtarchiv Frankfurt am Main.

Dieses Archiv wurde von ihm mit Absicht ausgewählt, da die ehemalige Reichsstadt, später Freie Stadt, bis 1866 Sitz des Deutschen Bundes gewesen und durch den Frankfurter Wachensturm von 1833 eng mit der burschenschaftlichen Geschichte verwoben war.

Zudem wirkte am Stadtarchiv Prof. Dr. Harry Gerber (Jenaische Burschenschaft Arminia auf dem Burgkeller 1907, später auch Frankfurt-Leipziger Burschenschaft Arminia), der Gewähr für eine stetige Aufarbeitung und Betreuung bot.

Auch Paul Wentzcke, Direktor des Instituts der Elsässer und Lothringer im Reich an der Frankfurter Universität und Initiator der rheinischen 1000-Jahr-Feiern 1925, unterstützte Gerber eifrig.

1939, vier Jahre nach der Auflösung der Deutschen Burschenschaft, wurden Archiv und Bücherei unter dem Druck der Reichsstudentenführung nach Würzburg überführt und mit der von Bibliotheksrat Carl Manfred Frommel (Corps Bremensia Göttingen 1906, Corps Starkenburgia Gießen 1931) begründeten und ausgebauten großen corpsstudentischen Sammlung vereinigt. Zukünftig sollte ein hochschulkundliches Institut mit Sitz auf der Feste Marienberg gebildet werden. Da Gerber aber privat weitersammelte, entstand im Frankfurter Stadtarchiv ein weiteres, wenn auch kleines, speziell burschenschaftliches Archiv. Es wurde während der US-amerikanischen Bombenangriffe im März 1944 weitgehend zerstört.

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Nach dem Zweiten Weltkrieg

Unmittelbar nach Kriegsende versuchte Gerber die Wiederaufnahme seiner Sammeltätigkeit, die aber erst 1950, im Jahr der Wiedergründung der Deutschen Burschenschaft, im größeren Umfang gelang. Er hat danach in jahrelanger Arbeit auf den Dachböden der Festung Marienberg die durch verschiedene unsachlich durchgeführte Transporte besonders schwer angeschlagenen und zum Teil vernichteten, bestohlenen und beschlagnahmten burschenschaftlichen Bestände zusammengefaßt und geordnet. Außerdem setzte er sich für die Rückführung nach Frankfurt ein, da eine Benutzung in Würzburg zunächst nicht möglich war.

Erst 1954 gelang die Rückkehr an den alten Aufbewahrungsort. Das Archiv wurde dem Bundesarchiv angegliedert, weil sich im selben Hause die Archivalien der zur Untersuchung der burschenschaftlichen Umtriebe im Vormärz eingesetzten Bundeszentralbehörde befanden sowie alle wesentlichen Unterlagen im Zusammenhang mit der deutschen Nationalversammlung von 1848/49, in der Burschenschafter eine hervorragende Rolle spielten. Im Jahr 2000 wurde das Bundesarchiv Frankfurt aufgelöst, die Bestände ins Bundesarchiv nach Koblenz verlegt. Anfang 2024 wurden die Bestände schließlich aus dem Bundesarchiv abgezogen, da die Einlagerungsvereinbarungen nicht verlängert werden konnten.

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Die Bestände

Dokumente
Dokumente im Bestand

Die Bestände von Archiv und Bücherei (Bestand als PDF-Dokument) umfassen mehrere Abteilungen, insgesamt etwa 500 laufende Meter. Die Archivabteilung enthält nicht nur die Akten der Deutschen Burschenschaft und der in ihr aufgegangenen Verbände, sondern auch Unterlagen zu Kameradschaften im Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund, der Vereinigung Alter Burschenschafter, der Akademischen Fliegerabteilung der Deutschen Burschenschaft sowie Nachlässe und sonstige persönliche Papiere bedeutender Burschenschafter, Mitgliederlisten, Bundeszeitungen und ähnliche Drucksachen der Einzelburschenschaften, diese allerdings meist mit Sperrvermerk. Dazu kommen die Archivalien zur Geschichte der Burschenschaft zwischen 1815 und 1881, dem Jahr der Gründung des Allgemeinen Deputierten-Convents (ADC). Hier hat vor allem die Sammeltätigkeit ihren Niederschlag gefunden. Soweit es nicht gelang, die Akten, Stammbücher usw. im Original zu beschaffen, sind in großem Umfange Abschriften und Auszüge aus den Beständen öffentlicher Archive und Büchereien sowie der Archive der einzelnen Burschenschaften, Privatsammlungen usw. zusammengetragen worden. Wichtigstes Findmittel ist die noch von Herman Haupt angelegte, seit 1995 rekonstruierte Alte Zettelkartei, die nach Hochschulstädten, Korporationen - nicht nur Burschenschaften -, Kartellen, Verbänden, Ereignissen und Bestrebungen, Persönlichkeiten usw. geordnet ist. Dazu kommen die umfangreichen Karteisammlungen der Burschenschafterlisten.

Die Bücherabteilung zerfällt in die Unterabteilungen „Bücher“ und „Zeitschriften“ mit circa 8.000 Nummern bzw. etwa 220 Zeitschriften. Von besonderem Wert ist die Burgkeller-Bibliothek aus Jena, die einzig erhaltene Bibliothek einer studentischen Verbindung aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Alle Abteilungen enthalten nicht nur das Schrifttum der Burschenschaften und der burschenschaftlichen Verbände, sondern auch die Veröffentlichungen anderer Korporationen und ihrer Verbände, darüber hinaus auch Material zur allgemeinen Studenten- und Hochschulgeschichte. Die etwa 400.000 Blatt umfassende Zeitungsausschnittsammlung ist allerdings noch weitgehend ungeordnet und -verzeichnet.

Die dritte und kleinste Abteilung hat Bilder und andere Zeugnisse des studentischen Brauchtums wie Wappen, Silhouetten, Mützen, Bänder, Pekeschen, Schärpen, Pfeifenköpfe, Trinkgefäße und andere Gebrauchsgegenstände zum Inhalt. Durch unpflegliche Behandlung in Würzburg sind hier so große Verluste eingetreten, daß sich nur noch Reste erhalten haben. Da aber noch Teile einer Kartei vorhanden sind, läßt sich diese Abteilung weitgehend rekonstruieren.

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Herman-Haupt-Medaille der GfbG

Seit 1929 verleiht die Gesellschaft für burschenschaftliche Geschichtsforschung die Herman-Haupt-Medaille an Personen, „die sich um die burschenschaftliche Geschichtsforschung verdient gemacht haben“ (§ 1, Statut über die Verleihung der Herman-Haupt-Medaille).

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Weiterführende Literatur

Harald Lönnecker: „Das Thema war und blieb ohne Parallel-Erscheinung in der deutschen Geschichtsforschung“ - Die Burschenschaftliche Historische Kommission (BHK) und die Gesellschaft für burschenschaftliche Geschichtsforschung e. V. (GfbG) (1898/1909-2009). Eine Personen-, Institutions- und Wissenschaftsgeschichte (Darstellungen und Quellen zur Geschichte der deutschen Einheitsbewegung im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert, Bd. 18), Heidelberg 2009

pdf 200 Jahre burschenschaftliche Geschichtsforschung - 100 Jahre GfbG - Bilanz und Würdigung
von Helma Brunck, Günter Cerwinka, Stefan Gerber, Peter Kaupp, Wolfgang Klötzer und Harald Lönnecker, Koblenz 2009
PDF-Dokument